Bedrohung in der Umgebung von Bad Wurzach
Kiesabbau zwischen Dietmanns und Rupprechts (November 2020)
Aktuell läuft ein Antrag auf einen Kiesabbau zwischen Rupprechts und Dietmanns.
Der Ortschaftsrat Dietmanns, die Gemeinde und das Landratsamt haben den Abbau abgelehnt. Gegen den Bescheid des Landratsamtes wurde vom Kiesunternehmen Widerspruch erhoben.
An der gleichen Stelle wurde schon zwischen 1999 – 2002 der Antrag auf einen Kiesabbau gestellt. Wir „Landschaftsschützer“ wurden damals mit einer Unterschriftenliste in Dietmanns, Leserbriefen und Briefe an Gemeinderat und Parteien aktiv. Wir setzten uns damals für ein „Landschaftsschutzgebiet Wurzacher Becken“. Das Landschaftsschutzgebiet wurde damals durch den Gemeinderat mit dem Verpflichtung, stattdessen ein „Lebensraumkonzept Wurzacher Becken“ zu erstellen, verhindert. Dieses Konzept wurde nie erstellt.
Der Kiesabbau wurde damals mit einem VG-Urteil verhindert* (s.u.).
Im Urteil wurde die Schutzwürdigkeit dieser Landschaft eindeutig belegt (geomorphologische Bedeutung des Wurzacher Beckens). Die Erhaltung des quartärgeologische Formenschatzes nordöstlich des Wurzacher Riedes erfolgte unter dem Aspekt der Empfehlungen des Europarates für eine Verlängerung des Europa-Diploms für das „Wurzacher Ried“. Die Würdigung des Landschaftsraumes gilt nach wie vor.
* Auszug aus dem Urteil. Quelle: https://openjur.de/u/377101.html
28 … Dementsprechend wendet die Antragstellerin in der Sache auch nur ein, dass die schutzwürdige Formation des „Wurzacher Beckens“ an dessen Rand, nämlich auf dem Kamm der ersten das Becken umgebenden Hügel- und Moränenkette, ende und dass das nördlich hiervon liegende „Langholz“ deshalb topografisch-geomorphologisch nicht mehr Bestandteil des Beckens sei; auch die Sichtbeziehungen rund um das „Wurzacher Becken“ erfassten nicht (mehr) das „Langholz“, insbesondere nicht (mehr) den Bereich des geplanten Kiesabbaus, da sich die Ebene zwischen den Gemarkungen Dietmanns und Rupprechts insgesamt als leichte Senke darstelle. Demgegenüber hat Herr M. (Lehrer und Geologe) als fachkundige Auskunftsperson sowohl in seiner dem Schriftsatz des Landratsamts Ravensburg vom 19.12.2001 als Anlage beigefügten Stellungnahme (Teil 1 und Teil 2) wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anschaulich die Entstehung des „Wurzacher Beckens“ während der Riss-Eiszeit erläutert: Bildung des äußeren Moränenkranzes (Endmoränen-Doppelwall) durch den sich u.a. bis zur Höhe von Rupprechts vorschiebenden „Rotlobus“, eine Zunge des östlichen Rheingletschers, in einer ersten Phase und – nach einer wärmeren Zwischenzeit bei abermaligem Absinken der Durchschnittstemperaturen – Bildung der Moräne u.a. bei Dietmanns in einer zweiten Phase (Welle) unter Einlagerung von Schuttmaterial in das seit der ersten Phase definitiv umgrenzte „Wurzacher Becken“. Dass der hiervon betroffene und von der einstweiligen Sicherstellung erfasste Bereich zwischen Dietmanns (Phase 2) und Rupprechts (Phase 1) danach geologisch wie geomorphologisch Bestandteil des riss-eiszeitlich angelegten „Wurzacher Beckens“ ist, hat auch die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr angezweifelt. Weshalb diese Eigenart der „Moränenlandschaft des Wurzacher Beckens“ nicht i. S. des § 22 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG durch eine Schutzgebietsausweisung – und eine korrespondierende Sicherstellungsverordnung – soll erhalten werden können, vermag der Senat nicht zu erkennen. Hierfür ist unerheblich, wie deutlich die Moränenformationen in der Landschaft von verschiedenen Standpunkten aus wahrnehmbar sind, ob es Blickbeziehungen vom „Wurzacher Ried“ selbst zur Senke zwischen Dietmanns und Rupprechts mit dem Grundstück der Antragstellerin gibt und ob diese Senke selbst – für sich betrachtet – eigenartig oder vielfältig i. S. von § 22 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG ist, wie dies die Antragstellerin in Abrede stellt. Dass dem einstweilig sichergestellten Landschaftsteil nicht jegliche Schutzwürdigkeit abgesprochen werden kann, belegen auch die Empfehlungen des Europarats für die Verlängerung des Europa-Diploms „Wurzacher Ried“ 1999. Nach deren Nr. 5 sollten das „Wurzacher Ried“ und die bewaldeten Moränenhügel als „einzigartige unteilbare Landschaft“ behandelt und jegliche kurzzeitigen Verunstaltungen oder andauernden Eingriffe (wie Abbaustellen) vermieden werden. Damit trägt die geplante Schutzgebietsausweisung auch dieser europarechtlichen „Vorgabe“ Rechnung. Somit war der betreffende Landschaftsteil auch taugliches Substrat der umstrittenen Sicherstellungsverordnung.