Podiumsdiskussion zum Thema „Wie kann Baden-Württemberg zum Musterschüler in Sachen Klimaschutz werden?

Inhalt:

Die grün-schwarze Landesregierung hat sich  im Bereich Klimaschutz ambitionierte Ziele gesetzt.

Bis 2030 will die Koalition die  Treibhausgasemissionen mindestens um 65 %  

im Vergleich zu 1990 verringern. Bereits 2040  soll Baden-Württemberg klimaneutral sein und  

damit fünf Jahre früher als der Bund – und  die Landesverwaltung sogar schon 2030.

Der Südwesten soll nicht weniger als  das Klimaschutz Land Nummer eins in  

Deutschland und Europa werden. Einiges  hat die Koalition dafür schon auf den  

Weg gebracht. Neben einer Photovoltaikpflicht für Dächer und Parkplätze sollen  

2 % der Landesfläche für den Ausbau  der Erneuerbaren reserviert werden.

1000 neue Windräder sollen im Staatswald  entstehen und eine Taskforce soll unter  

anderem die Dauer der Genehmigungsverfahren  halbieren. Dass Baden-Württemberg 2020 ein  

gutes Viertel weniger CO2 emittiert hat als  1990 und damit sein bisher festgelegtes Minderungsziel  

sogar leicht übertroffen hat, hing unter  anderem mit der Corona-Pandemie zusammen.

Ob sich dieser Trend 2021 so fortsetzt, scheint  fraglich. Was muss daher noch passieren,  

damit Baden-Württemberg seine  ehrgeizigen Ziele erreichen kann?  

Also der Koalitionsvertrag macht mich  schon zuversichtlich, es sind ganz  

wichtige Themen, sind da adressiert, wie die  Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren.

Es ist endlich die Menge des Stroms,  der erneuerbar hergestellt werden muss,  

auf einen realistischen Wert angehoben worden  und davon sollen bis 2030 80 % erneuerbarer Strom sein. 

Das heißt, da ist jetzt wirklich ein  ambitioniertes Ziel ausgegeben worden.

Was mich aber schon auch optimistisch stimmt, ist, dass jetzt wirklich schon eine Aufbruchstimmung da ist.

Und ich glaube, dass man schon was bewirken  kann. Man merkt ja auch die Leute, die da  

jetzt in der Regierung sind, die wollen  wirklich loslegen, wollen was bewegen,  

wollen was erreichen. Auch bei dem Thema Planungsbeschleunigung sehen wir Licht und Schatten.

Auch wir sind der Meinung, wir müssen die  Genehmigungsverfahren beschleunigen.

Das ist, glaube ich, im Interesse aller  Beteiligten.

Der dritte Punkt,  der mich sehr gefreut hat, ist das  Thema Gas, das man eben auch bekennt,  

dass ohne eine Gas Infrastruktur, ohne den  Umbau von Kraftwerken zu Gas und später dann  

zu Wasserstoff-fähigen Kraftwerken, dass  wir diesen Zwischenschritt brauchen, weil

wir sonst schlicht und einfach nicht schaffen.  Das ist für uns in Baden-Württemberg, für die  

EnBW ja auch sehr, sehr wichtig. 

Das, was mich auch sehr gefreut hat, hat Herr Haser schon gesagt, ist die wenig dogmatische und realistische Einschätzung  

von Gas als Übergangstechnologie  in Richtung auf die grünen Gase.

Wenn wir beschließen, dass wir  keine Kernenergie brauchen und  

keine Kohleverstromung, dann müssen wir  auch einen Schritt weitergehen und sagen,  

woher die disponible Leistung kommen  wird. Und da hat Deutschland für mich eine  

sehr wichtige Aufgabe. Wenn wir mutig sagen,  dass wir für eine Übergangszeit und bis wir so  

viel Überschuss aus Erneuerbaren haben,  die Gaskraftwerke brauchen, dann dürfen

wir die nicht künstlich teurer machen. Und da  erwarte ich auch Unterstützung von der Politik,  

sowohl von der Landespolitik wie auch  von der Bundespolitik, dass wir bei diesem Thema

um eine Finanzierung uns bemühen, die gleichwertig ist,  

wie die Finanzierung einer nachhaltigen,  einer hundertprozentig nachhaltigen Investition.

Natürlich immer mit dem Ziel, diese Kraftwerke dann wieder umzustellen auf  Wasserstoff und auf andere grüne Gase.

Also ich halte es nicht für richtig,  dass wir bei der Taxonomie Erdgas und Atomkraft als nachhaltig einstufen.  

Die zweite Sache ist Zurverfügungstellung  der disponiblen Leistung.

Auch dieses Thema ist jetzt  im Koalitionsvertrag geregelt,  

sodass ich hier optimistisch bin. Die dritte Sache  ist der Ausbau der Netze. Wir brauchen den Ausbau der  

Übertragungsnetze vom Norden nach Süden. Die  Situation wird so auch bleiben in der Zukunft,  

dass wir die windstärkeren Regionen im  Norden haben, den Verbrauch im Süden.

Da müssen wir die zwei Pole, möchte ich fast  sagen, die zwei Regionen miteinander verbinden.  

Dann sind Übertragungsnetze. Und dann für  jede erneuerbare Anlage, jede dezentrale  

Anlage brauchen wir den Ausbau der Verteilnetze. 

Also ist ist ganz viel auf den Weg gebracht. Aber ich glaube, dass so ein bisschen, wie auch bei den Planungsprozessen,

muss man jetzt schon auch gucken. Um das wirklich zu schaffen, brauchen wir auch ein Stück weit neue  

Ideen und Mechanismen. Und der CO2 Preis ist  natürlich ein ganz, ganz wichtiges Instrument,  

um das auch marktwirtschaftlich zu  unterfüttern oder schon mal zu lenken.

Aber es wird dann auch die Frage sein, was kann man noch ein Stück weit über Ordnungspolitik regeln?

Was kann man über Anreize regeln? Was kann man auch persönlich noch den Menschen mitgeben?

Ich glaube, es ist einfach so ein ganzes Bündel auf allen Ebenen an Maßnahmen,

in allen Sektoren, die wir machen müssen.

Und wir arbeiten ja auch an der nächsten Novelle  des Klimaschutzgesetzes und dann auch an dem IRKK,  

was die Maßnahmen unterfüttert. Und  da werden Sachen noch mal dabei sein,  die das unterstützen.

Also ich glaube, man kann der EnBW spätestens seit,  das muss man schon sagen, auch seit der Ära Mastiaux,

muss man jetzt sagen, glaube ich, sehr klar diesen Kurs verfolgt hat, Treiber der Energiewende zu sein.

Und das ist die EnBW auch.

Wir sind auch froh, dass wir sie im Landesbesitz haben.

Das war ja nicht immer unumstritten, um das  auch mal zu sagen. Und insofern bin ich froh  

und dankbar dafür, dass wir jemanden haben,  einen Treiber, der das sozusagen gemeinsam  

mit der Wirtschaft und auch mit der Politik vorantreibt.

Aber sicherlich, dieser ganze Bereich  Landwirtschaft Ernährungswirtschaft muss mit rein, weil es einen enormen Fußabdruck auch erzeugt.

Und was mir auch jetzt auch in der Diskussion bisher gefehlt hat, der ganze Sektor rund um das  Bauen.

Wir müssen auch über andere Mobilitätskonzepte nachdenken und überhaupt die Frage stellen,  

auch wenn die oft unbequem ist, wie können wir zu suffizienteren Lebensstilen kommen?

Auch wichtig ist das Thema Bürokratie, was Sie  gesagt haben. Wir brauchen viel zu viel Personal,  

wir brauchen viel zu viel Papier. Immer noch. Ich  sage als Beispiel auf der Seite der EnBW  

arbeiten je nach Projektgröße für einen Wind-Onshore-Park zirka 10 bis 15 Mitarbeiter für ein Projekt.

Und denen gegenüber stehen zirka 200 Beamte.  Etwas, was wir auch offen ansprechen müssen,  

ist das Thema der Akzeptanz der lokalen Akzeptanz.  Wir haben in einigen Gegenden nach wie vor ein  

Thema und da würde ich mir wünschen, so wie die  letzte Novellierung vom EEG, das vorgesehen hat,  

dass die Kommunen mitbeteiligt werden,  damit diese Projekte attraktiver werden.

Dass wir das auch auf Bürger Ebene, das  machen.

An sich, finde ich die Taskforce gut. Wenn mir ein Kritikpunkt noch erlaubt ist: Als ich das gelesen habe, muss ich sagen,

ich meine, das sind jetzt die Punkte, über die reden wir  jetzt mindestens seit zehn oder 15 Jahren.

Also an dem, was da drinsteht, scheitern wir  seit zehn oder 15 Jahren. Da muss ich sagen,  

hätte ja auch mal einer vorher draufkommen können,  dass man das vielleicht auch auf eine andere Ebene  

vielleicht schon mal angeht. Aber wenn es denn  so sein soll, tragen wir das natürlich auch mit.

Und wir haben auch zugesagt, dass wir auch  das, was gesetzlich dafür notwendig ist, auch mittragen werden.

Auf Landesebene, ich glaube, es ist ja an vielen Stellen so,  

die Technologien sind schon lange da. Wir hätten viele Dinge tatsächlich  

schneller machen können und die Frage „Warum passiert das nicht?“

ist, glaube ich, vielfältig. Wir haben aber  auch viel auf den Weg gebracht. Zum Thema  

Akzeptanz haben wir das Forum Energie Dialog.  Was von den Naturschutzverbänden betreut wird,  

kommt ja vor Ort, stellt da neutrale Informationen  zur Verfügung. Können die Kommunen anfordern.

Haben das sehr viel zu Windkraft  Projekten gemacht, am Anfang. Jetzt  

auch sehr viel zu Freiflächen-Photovoltaik,  zum Netzausbau.

Und deswegen glaube ich,  müssen wir hinkommen zu einem  System, wo wir klar haben,  

das sind die 2 % der Landesfläche, auf  denen vorrangig, mit einem hohen Vorrang,  

mit einem beschleunigten Verfahren meinetwegen auch, die Energiewende vorangetrieben wird.

Und das ist ein Gesamtsystem. Da schrecke ich  auch nicht zurück zu sagen „Warum sollte man  

nicht über eine Legalplanung?“ Ich weiß nicht,  ob das wirklich das bessere System ist. Ich bin  

kein Jurist. Warum sollte man da nicht auch  mal auf einen Schlag 50 Anlagen genehmigen?

Wenn sie dann entsprechend projektiert sind.  Aber das funktioniert auch juristisch nur,  

wenn man auf der anderen Seite dafür  sorgt, dass an anderer Stelle natürlich  

die Artenvielfalt auch erhalten wird. Und  das wird natürlich auch nicht zum Nulltarif  

gehen. Das habe ich auch heute schon  zu diesen Taskforce Ergebnissen gesagt,  

weil natürlich das Geld kostet  und auch Personal kostet, wenn

man auf der anderen Seite in  den Artenschutz investiert,  

nämlich an anderen Stellen wirklich  schaut, dass es dem Rotmilan eben gut geht,  

dass es dem Schwarzstorch gut geht, dass  es den Fledermäusen auch gut geht,  

sodass einzelne Tiere, die eine einzelne Anlage  zu Schaden kommen, nicht ins Gewicht fallen.

Ich glaube, in diese Richtung müssen wir kommen.  Das sind vielleicht auch ein Stück weit, auch für uns Umweltverbände,

diese disruptiven Veränderungen, von denen Kretschmann  

an dieser Stelle spricht, das ist für uns sicherlich auch ein Paradigmenwechsel so vorzugehen.

Das ist auch im europäischen  Artenschutzrecht grundsätzlich möglich.

Man hat es bisher noch nicht so gemacht, weil  es auch ein paar juristische Fragen gibt,  

die da zu klären sind. Aber ich glaube,  wenn wir wirklich jetzt diese Beschleunigung  

hinlegen wollen und die ist notwendig,  die war eigentlich schon vor zehn Jahren  

und vor 20 Jahren auch schon notwendig,  dann kann es nicht anders funktionieren.

Aber das ist es wirklich. Die klare Ansage  für diese Taskforce auch disruptive Prozesse  

zu überlegen und zu sagen. Sowohl die  Behörden, als auch die Projektierer, als auch

die Naturschutzverbände. Im Prinzip  alle müssen aus ihrer Komfortzone raus  

und mal gucken „Wo können wir denn was  ändern, damit das alles schneller wird?“

Ich würde dann einen anderen Begriff  wählen. Mir fehlt ein bisschen die  

Radikalität. Also die sind in die  richtige Richtung. Sind auch Themen,  

über die wir die letzten Jahre verstärkt  gesprochen haben. Aber es fehlt mir jetzt  

die radikale Maßnahme, wo man sagt „Ja, das  bringt tatsächlich eine enorme Beschleunigung.“

Natürlich muss man die Kirche im Dorf lassen,  dass ist der erste Bericht der Taskforce. Insgesamt  

unterstützen wir die Taskforce. Wir  finden es sinnvoll, dass das so ist,  

dass die gegründet wurde und wir warten auf  die nächsten Ergebnisse.

Und egal, ob ich mobile Teams mache, dass ist das, was ich vorher gesagt habe, ob ich mobile Teams mache, ob es

das Regierungspräsidium macht, ob es in  Stuttgart eine Zentralstelle gibt oder  

ob es der kleine Beamte, der, der immer  so gescholten wird, im Landratsamt ist,  

der meistens gar nicht so klein ist, sondern  sehr erfahren ist in dem, was er tut.

Am Schluss landet das Ding immer beim VGH. Ich  finde es zum Beispiel das Mutigste, was in diesem  

Bereich passiert ist, war das, was die, was die  Naturschutzverbände gemacht haben, unter Führung  

auch vom NABU, dieses Angebot zu sagen. Lass  uns schauen, wie können wir die Arten schützen?

Durch bestimmte Regionen, durch auch mehr  Geld, durch durch mehr Projekte, wo wir sagen,  

wenn wir die hier schützen, dann ist diese  Art geschützt, dann ist der Populationsschutz  

definitiv gewährleistet. Und dafür können  wir an einer anderen Stelle Abstand vom

Tötungsverbot nehmen. Wenn wir das so regeln,  ist es völlig egal, ob das Verfahren im  

Landratsamt, im Regierungspräsidium oder ein Springer macht. Weil dann ist es klar, dann ist es genehmigungsfähig.

Für mich ist nicht mehr die  eigentlich nicht mehr die Frage „Ist es machbar?“

Wir müssen es möglich machen, weil die  Klimakrise uns da keine Wahl lässt. Wir  

sehen doch die Auswirkungen, die überall sind.  Von daher ist ja auch diese Ansage. Es müssen  

jetzt Lösungen gefunden werden, um dieses Ziel zu  erreichen. Also ich sehe die Alternative nicht.

Wir müssen jetzt immer vom Ende her denken, wir  müssen den Klimaschutz gewährleisten, sonst sind  

die Folgen, wissen wir, dass sie katastrophal  sind. Und deshalb müssen wir gucken, was ist  

dafür notwendig, um diese Ziele zu erreichen.  Und es sind ja gute Vorschläge auf dem Tisch.

Also Digitalisierung ist ja auch ein ganz großer  Punkt bei der Taskforce, zum Beispiel.

Dass ich mit dem Kleinlaster vor die Genehmigungsbehörden  fahre und, ich weiß nicht, sie zeigen ja  

immer Bilder wie viele Meter von Aktenordnern sie da… Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß und das müssen wir digitalisieren,

wir müssen online Konferenzen, wir müssen irgendwelche Cloud-Lösungen anbieten.