Leserbrief von Hans-Joachim Schodlok in der Schwäbischen Zeitung (29.4.2021)
Zu Artikel „Oberschwaben soll Schutzgebiet werden“ ( 21. April)
Die Grünen-Abgeordnete Petra Krebs und der grüne Minister Manne Lucha sind mit einem aufsehenerregenden Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten: Sie wollen den Altdorfer Wald, das Wurzacher Ried und weite Bereiche des Westallgäus einschließlich bayerischer Teile zu einem Biosphären-Schutzgebiet machen. Der Ravensburger Landrat Harald Sievers schlägt in dieselbe Kerbe.
Eine faszinierende Idee, gewiss. Doch wie passt sie zum jüngsten Beschluss der grün-schwarzen Regierungssondierer, wonach 1000 Windkraftanlagen im Land gebaut werden sollen? Sind die angedachten oder bereits im Planungsverfahren befindlichen vier 250-Meter-Türme bei Leutkirch, die ein bis zwei WKA bei Aitrach sowie Anlagen im Röschenwald bei Bad Waldsee und bei Isny/Beuren mit einem Biosphärenreservat oder -Schutzgebiet vereinbar? Bedeutet ein Biosphären-Schutzgebiet Oberschwaben/Allgäu das Ende des industriellen Kiesabbaus im Altdorfer Wald?
Durchaus kritisch sehen wir, dass auf zwei Prozent der Landesfläche neben Windkraftanlagen auch großflächige Photovoltaikanlagen auf Acker und Wiesenflächen gestellt werden sollen. Nach einer unlängst veröffentlichten Statistik dienen bereits heute 15 Prozent der Ackerfläche in Baden-Württemberg der Produktion von Energiepflanzen, die weder Mensch noch Tier satt machen. Photovoltaik und Photothermie auf geeigneten Dächern sind da eher zu akzeptieren.
Folgt man dem Artikel in der „Schwäbische Zeitung“ vom 21. April, so soll mit einem solchen Schutzgebiet auch das kulturelle Erbe geschützt werden. Schloss Zeil gehört zweifellos dazu. Die geplanten riesigen Windkrafttürme bei Leutkirch werden den Blick von und auf Schloss Zeil bedeutend beeinträchtigen und hätten noch vor wenigen Jahren zum Veto der Denkmalschutzbehörden geführt.
Bei ihrem Vorhaben könnten die Biosphären-Freunde noch auf harte Gegnerschaft stoßen. Zur Erinnerung: Als vor einem Vierteljahrhundert das gesamte Wurzacher Becken zum Landschaftsschutzgebiet hätte erklärt werden sollen, scheiterte dies an der Dominanz der Vertreter der Landwirtschaft im Bad Wurzacher Gemeinderat. Diese zeigten sich besorgt, durch zu enge behördliche Vorschriften in ihrem praktischen Handeln behindert zu werden. Stattdessen einigte man sich, ein „Lebensraumkonzept“ Wurzacher Becken zu entwickeln. Dieses wartet bis heute auf seine Belebung.
Der alte Goethe kannte lediglich Holland-Windmühlen. Doch er wusste um Vision und Wirklichkeit. Wie sagte er über Absichtserklärer? „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“
Hans-Joachim Schodlok, Bad Wurzach