NAEB Pressemitteilung 2115, Juli 2021
Steigender Strombedarf und Beenden der Kohle- und Kernkraftverstromung werfen die Frage auf, woher soll dann unser Strom kommen?
Nach den fast täglichen Pressemitteilungen des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft), der Lobbyorganisation der Stadtwerke, wird der Stromverbrauch in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten deutlich ansteigen. Information und Kommunikation, die heute bereits in den Haushalten mit 28 Prozent mehr Strom verbrauchen als Kochen, Waschen und Trocknen zusammen, nehmen weiter zu. Das Heizen mit Wärmepumpen wird den Stromverbrauch der Haushalte mehr als verdoppeln. Weiteren Bedarf in der gleichen Größenordnung haben die geplanten Elektroautos.
Die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae (Bündnis 90 – Die Grünen), prognostiziert allerdings nur einen Anstieg des Stromverbrauchs bis 2030 um 15 Prozent. Das ist für die geforderte Umstellung der Heizungen und der Autoantriebe viel zu wenig. Zusätzlich wird auch noch die technisch und wirtschaftlich unsinnige Erzeugung von Wasserstoff aus „grünem“ Strom angestrebt.
Windstrom kann Kohlestrom nicht ersetzen
Der benötigte Strom soll vorwiegend durch eine Verdreifachung der Windgeneratoren und der Solaranlagen gewonnen werden, um die Kohlekraftwerke zu ersetzen, die nach dem Kohleausstiegsgesetz stillgelegt werden. Zusätzlich sollen Heizkraftwerke auf Holz als Brennstoff umgestellt werden. Dafür reicht das nachwachsende Holz unserer Wälder nicht aus. Es muss Raubbau betrieben werden. Nach einer Berechnung des Stromverbraucherschutzes NAEB wären nach einer Umstellung sämtlicher Heizkraftwerke auf Holz unsere Wälder in 20 Jahren vollständig vernichtet.
Strom aus Wind und Sonne ist abhängig vom Wetter. Fehlt beides (Dunkelflaute), müssen plan- und regelbare Kraftwerke die gesamte Stromerzeugung übernehmen. Wind- und Solarstrom können kein einziges Kraftwerk ersetzen. Zu den regelbaren Anlagen zählen neben den Dampf- und Gaskraftwerken die Wasserkraftwerke. Heizkraftwerke sind auch regelbar. Sie werden aber auf den Wärmebedarf eingestellt. Der anteilig anfallende Strom wird in das Netz eingespeist. So ist ihre Stromerzeugung letztlich auch wetterabhängig. Die Wasserkraftwerke in Deutschland haben zusammen eine Leistung von rund 5.500 Megawatt (MW). Sie können den Bedarf von 85.000 MW (Spitzenlast) bei weitem nicht decken. Wir brauchen in Deutschland zusätzlich eine planbare Stromerzeugung von mindestens 80.000 MW. Das sind 80 große Kohle- oder Kernkraftwerke oder etwa 200 Gaskraftwerke. Da die Kohle- und Kernkraftwerke stillgelegt werden sollen, ist der Bau von Gaskraftwerken als Ersatz erforderlich. Es gibt Pläne und sogar ein Gesetz über die Abschalttermine der Kohlekraftwerke. Der Ersatz durch Gaskraftwerke ist dagegen noch weitgehend in der Vorplanung. Diese Zahlen berücksichtigen nicht den steigenden Strombedarf, der auch mehr regelbare Kraftwerke erfordert.
Strommangel droht
Deutschland läuft mit der Energiewende zum „Klimaschutz“ auf einen akuten Strommangel zu. Gleichzeitig gibt es Überschuss bei Starkwind und Sonnenschein. Schon heute importieren wir zeitweise bis zu 8.000 MW Strom, vorwiegend aus Frankreich von den dortigen Kernkraftwerken. Das sind 10 Prozent des Bedarfs. Das Klimarettungsprogramm der EG verlangt und fördert die Stilllegung von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen in allen Mitgliedsstaaten. Damit wird in ganz Europa die plan- und regelbare Stromerzeugung verringert zugunsten von dem wettergesteuerten Wind- und Solarstrom, den der Stromverbraucherschutz NAEB zu Recht als Fakepower (Fake = Täuschung) bezeichnet, weil er nicht bedarfsgerecht verfügbar ist. Die Politik von Deutschland und der EG führt so zwangsläufig zu Perioden mit Strommangel, die durch Regelkraftwerke und Importe nicht mehr ausgeglichen werden können. Andererseits findet der wachsende Stromüberschuss bei Starkwind und Sonnenschein keine Abnehmer mehr. Eine wirtschaftliche Speicherung ist bisher nicht in Sicht. Die Forderung, mit dem Überschussstrom „grünen“ Wasserstoff zu erzeugen und bei Bedarf in Gaskraftwerken wieder zu verstromen, kann man nur als wirtschaftlichen Unsinn bezeichnen.
Kosten steigen
Die Kosten der Energiewende werden verschwiegen. Fragen danach kontern die Klimaideologen mit dem Argument, es gilt, das Klima zu retten, sonst würden die Kosten noch viel höher. Angaben dazu fehlen oder sind äußerst vage. Dies hat der Bundesrechnungshof kürzlich auch wieder kritisiert. Bekannte Kosten sind die Subventionen von Fakepower, dem Strom aus Sonne und Wind, die als EEG-Umlage ausgewiesen werden. Zurzeit sind das rund 25 Milliarden Euro im Jahr. Dazu kommen noch weitere Umlagen zur Stützung von Fakepower, wie Regelungskosten, Entschädigung für die Abschaltung von Industrieanlagen bei hoher Stromnachfrage und so weiter, die insgesamt über 5 Milliarden im Jahr ergeben.
Laut einer BDEW-Abschätzung würden notwendige Maßnahmen in den Bereichen Ausbau der „Erneuerbaren“, Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, Ausbau der Netze und der Ladeinfrastruktur für E-Autos sowie hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen bis 2030 Investitionen in Höhe von insgesamt 320 Milliarden Euro erfordern. Zusammen mit den Fakepower-Subventionen sind das 60 Milliarden Euro im Jahr, die den Strompreis weiter erhöhen. Deutschland wird so seine unrühmliche Spitzenposition als Weltmeister für Strompreise ausbauen.
Schluss mit der Energiewende
Es wird höchste Zeit, dass Regierung und Politiker über eine „Wende“ zurück in die Realität nicht nur nachdenken, sondern die Wende auch vollziehen. Sonst erwartet uns eine Zukunft mit Strommangel, steigenden Kosten, wachsender Arbeitslosigkeit und Abwanderung der Industrie. Wollen wir das?
Mit einem Abbruch der Energiewende sind mehr als 60 Milliarden Euro im Jahr für sinnvolle Aufgaben verfügbar. So können die durch die Corona-Krise zerrütteten Staatsfinanzen durch Beendigung dieser katastrophalen Energiepolitik in wenigen Jahren wieder stabilisiert werden.
Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Pressesprecher NAEB e.V. Stromverbraucherschutz